Am vergangenen 27. August 2011 hatten wir das Vergnügen am Tag der offenen Tür unserer Kollegen Herzing Praxis für Logopädie, mit einer Konferenz über Sprachförderung mitzuwirken.
Nachstehend finden Sie eine Zusammenfassung unseres Vortrags.
Der Zusammenhang zwischen Sprache und Bewegung, was hat Bewegung mit der Sprache zu tun?
Wenn wir von kindlicher Entwicklung sprechen, dann sprechen wir von einem sehr komplexen Zusammenspiel von Wahrnehmen, Handeln, Fühlen und Denken.
Grundlegend wichtig für die Kinder und ihre gesunde Entwicklung ist dabei ganz allgemein, dass sie selber handeln und tätig werden dürfen. Dürfen sie selbst tätig werden, so wirkt sich dies positiv auf die Bewegungsentwicklung und auf ihre Sprachentwicklung aus.
Das aktive Tätigwerden beziehen wir auf die Bewegung und die Anwendung der Sprache, beides hängt zusammen und bestärkt sich gegenseitig. Ein Kind, das motorisch aktiv sein darf, bekommt ein wichtiges Handwerkszeug mit, um seine sprachlichen Fähigkeiten zu entwickeln.
Der aktive Gebrauch der Sprache, ihre Anwendung im Alltag, im Gespräch mit sowohl Erwachsenen, als auch mit anderen Kindern, ist entscheidend wichtig für den Erwerb sprachlicher Kompetenzen.
Der Spracherwerbsprozess ist kein isolierter Vorgang, sondern muss als Teil der Gesamtentwicklung des Kindes verstanden werden. Dabei beeinflussen sich sensorische, motorische, kognitive, emotionale und soziale Entwicklungsprozesse gegenseitig (Grohnfeldt 1983).
Kinder erschließen sich ihre Umwelt über ihren Körper, ihre Sinne. Indem sie vom ersten Tag ihres Lebens an selber tätig werden, gewinnen sie Erfahrungen, die ihnen ein zunehmendes Wissen über sich selbst, über ihre Mitmenschen und über die dinglich-räumliche Umwelt ermöglichen. Sensomotorische Erfahrungen gehören zur Grundvoraussetzung für die Entwicklung der Sprache.
Der Spracherwerb ist ein Lernprozess, der durch die aktive Auseinandersetzung des Kindes mit seiner materiellen und sozialen Umwelt geprägt ist. Daher ist es sinnvoll und wichtig, Wahrnehmung, Bewegung und Sprache miteinander zu verbinden.
Erleben mit allen Sinnen
Je intensiver das Kind seine Umwelt mit allen Sinnen entdecken kann, umso besser kann es sie auch begrifflich einordnen und sprachlich über sie verfügen. Das setzt voraus, dass Kinder anfassen, matschen, pulen, wühlen, auseinandernehmen, berühren dürfen Dazu Fotos Pierre- Sandkiste- Ricardo Sandkiste, Elián Kirschkerne. Und um viele unterschiedliche Erfahrungen machen zu können, muss das Kind sich bewegen, Orte wechseln und am eignen Leibe schnell, langsam, vorsichtig und mutig erleben dürfen. Es begreift ganz körperlich und direkt, was oben und unten ist, nah und weiter entfernt. In unserer Arbeit benennen wir die Tätigkeiten der Kinder und regen sie an, dies auch zu tun. Das Kind orientiert sich in der Welt und kann sich daraufhin anderen mitteilen.
Zahlen, Lernen, Schule…
Körperliche Erfahrung ist der Grundstein für späteres schulisches Lernen.
Wer Balance und Bewegung seines Körpers im Raum einschätzen kann, dem fällt auch die Orientierung in abstrakten Zahlengrößen und Rechenvorgängen leichter. Zum Rechnen gehört eine körperliche Vorstellung von Zeit und Raum.
Sprechen ohne Worte
Und nicht zuletzt gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Bewegung, Leistung und Befindlichkeit. 2/3 unserer Kommunikation spielen sich nonverbal ab. Körpersprache, die Art, wie ich mich bewege und welche Haltung ich einnehme- all das „spricht für sich“ und bedingt sich gegenseitig. Wenn ich beispielsweise den Kopf und die Schultern hängen lasse, fühle ich mich eher matt. Ich spreche dann leise und atme flach. Hat mein Körper hingegen eine gute Aufrichtung, schaue ich eher positiv in die Welt, atme frei und spreche kräftiger.
Wie kann ich durch Bewegung den Spaß am Sprechen fördern?
Für jede Altersstufe gibt es bestimmte Dinge, die den Spaß am Sprechen wecken, die allgemeine Entwicklung des Kindes und damit auch seine Sprachentwicklung unterstützen. Dazu gehört beispielsweise alles, was in den Bereich Feinmotorik fällt. Denn zwischen Händen und Sprachzentrum im Gehirn gibt es so etwas wie einen direkten „Draht“.
Alles, was die Feinmotorik fördert, trainiert somit gleichzeitig das Sprachzentrum. Wie wir schon gehört und gesehen haben, ist auch die sog. Grobmotorik ebenso wichtig und quasi eine Vorstufe für die Feinmotorik. Grobmotorik bedeutet Krabbeln, Toben, Springen und so weiter. Alle Sinne sollten angesprochen werden.
Und natürlich braucht ein Kind immer wieder Anregungen zum Sprechen, Spaß am Sprechen, nur so wird es seinen Wortschatz ausbauen und seine Vorstellungswelt bereichern können.
Das Grundanliegen einer bewegungsorientierten Sprachförderung von Kindern sollte darin bestehen, eine anregungsreiche, zur Aktivität und zum Handeln auffordernde Umwelt zu schaffen, in der das Kind seinen Körper, Bewegung, Sprache und Stimme gleichermaßen einsetzen darf, um sich mit sich selbst und anderen auseinanderzusetzen: Sprachförderung braucht Bewegung.